Gartenkunst

Reflexionen eines Nachdenklichen

von Horst Wolf Müller

Gartenkunst


Tun Sie mir den Birnbaum auch jet zurückschneiden, Herr Budin, der is immer so am Schießen, da geht zu viel in die Triebe und zu wenig in die Frucht, dat is für ne Birnbaum keine Verhaltens­weise, die Krone muß sich doch allmählich mal wölben, daß da wat in die Breite geht und in et Volumen, ja, is et nit esu?  Wildwuchs, dat is ja ne Zeitlang ganz schön, aber auf die Dauer, lieber Schatz. Et is mit der Jugend genau dasselbe, erst schießt emal alles ins Kraut, in die Triebe, man sieht nicht, wo et hingehen soll, und dann, so  peu a peu, doch diese Fruchtansätze, im allgemeinen jedenfalls. Nehmen Se den Wolfgang von Heintges, wat war das für ein wilder Geselle, man hat ihn ja nicht mehr erkannt, wenn er heimkam, um seine Mutter zu beruhigen, man dacht, et wär ein Autonomer aus der Berliner Szene, der sich hier bei uns in Rheindorp verirrt hätt. Und dann traf der et Mareike, und innerhalb weniger Monate hat der einsame Wolf sich da verwandelt in einen Biedermann, wie sein eigener Onkel sieht der jetzt aus. Nehmen Sie doch mal die Krawallmacher da, Hooligans, wie man se jetzt nennt, könnte man die nicht auch etwas zähmen, indem man sie zur Paarung ermuntert, gewissermaßen aus dem Rennen werfen, dat se ihre überschüssige Kraft dann in Auseinandersetzungen mit dem zarten Geschlecht investieren, das ja so zart gar nicht ist, sondern außerordentlich zäh, wenn et darum jeht, am eigenen Standpunkt festzuhalten.

Ja, Sie sagen, die haben ihre Bräute, aber zu wenig, da kommt ja höchstens auf zehn Jungen eine Braut, dat is keine- wie soll ich sagen, kein bürgerlicher Ansatz, dat is Strich, dat is Reeperbahn, ja nun! Im Hühnerhof mag dat noch angehen, aber der Mensch ist kein Huhn, sondern eine Graugans, dat wissense ja. Sie haben da in RTL einen dieser Hooligans interviewt, der durfte zu allen Filmen da als Studiogast  seinen Senf abgeben, und dat hat der mit Genuß getan, et wär doch ein Unding, die Kollegen da so kurz zu halten, praktisch in der Nordkurve einzusperren und auch sonst immer abzuschirmen von ihren Kontrahenten, wo sie sich doch grade so drauf gefreut hätten, dat sie die mal in offener Feldschlacht vor et Visier bekämen, da spart man sich die ganze Woche auf, hält seine Aggressionen in Schach, damit man am Wochenende zuschlagen kann, und dann wird einem der Auslauf da verkürzt oder sie dürfen sich ersatzweise mit der Polizei herumprügeln, und dat sind ungleiche Verhältnisse, weil die Polizei dat Gewaltmonopol vertritt, sprich Wasserwerfer und Gaspistolen undsoweiter, während man in Wirklichkeit den Kampf Mann gegen Mann sucht, wie dat im Siebenjährigen Krieg stattgefunden hat, oder noch eindrucksvoller bei den Römern, wenn sie gegen Hannibal vorgingen. Habense mal einen von diesen Filme gesehen, Herr Budin ? Metro Goldwyn Meier hat die meistens gedreht, da können Sie dat  verfolgen, da wird die Geschichte sozusagen bis zum letzten Mann aufgearbeitet.

Und wat anderes wollen angeblich diese Hooligans auch nicht, die wollen ihre Feldschlacht. Warum , sag ich, baut man denen keine Hooligan-Arena, wo sie dann als Phalanx aufeinander losgehen dürfen, die könnte innen mit Sand ausgefüllt sein, und da mar­schieren die wie römische und nubische Legionäre aufeinander los? Im Mittelalter hat man doch diese Turniere dafür gehabt, da stachen sie sich vom Pferd. Vielleicht baut man auch Zuschau­erränge, wo die Polizei dann vielleicht Platz nimmt oder die Sozialarbeiter, weiß ich et denn ? Wer weiß denn, wie der Mensch konstruiert ist, was alles in ihm steckt, wissen Sie dat ? Kennen Sie sich so genau ? Ich nicht.

Wie kömmt man nur auf so Gedanken? Ich glaube, wie sie grade so den Ast abgesägt haben, so mit Schmackes...


© Horst Wolf Müller - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007