Finanzsorgen bei vielen Theatern in NRW

von Andreas Rehnolt
Finanzsorgen spielen derzeit die Hauptrolle
bei vielen Theatern in NRW
 
Nicht nur kleinere Häuser wie Oberhausen, Wuppertal und Moers sondern auch die Vorzeigebühnen Düsseldorf und Köln müssen in der begonnenen Spielzeit mit weniger Geld für das künstlerische Programm auskommen
 
 
Düsseldorf - Finanzsorgen spielen derzeit die Hauptrolle bei vielen Theatern an Rhein und Ruhr. Nicht nur die öffentlichen Bühnen der schon traditionell klammen und höchst überschuldeten Städte wie Moers, Wuppertal, Oberhausen oder Duisburg stöhnen unter immer mehr finanziellen Vorgaben der Kämmerer. Inzwischen hat der Rotstift auch schon die großen Häuser in NRW erreicht wie etwa Düsseldorf und Köln. Extrem düster sieht es in der bergischen Metropole Wuppertal aus, wo das Schauspiel schon tot geredet wird und die Verträge der amtierenden Intendanten von Theater und Oper nach Auslaufen 2014 nicht mehr verlängert werden.
 
In Duisburg, wo am vergangenen Dienstag der 100. Geburtstag des Theaters mit einem Festakt gefeiert wurde, spielten unter der Leitung von Generalmusikdirektor Axel Kober und flankiert von ihrem Opernchor 15 erstklassige Solisten den 3. Aufzug aus Richard Wagners Oper "Die Meistersinger von Nürnberg". Wie bei der Eröffnung des Hauses am 7. November 1912 erklang die "Festwiese". Und dennoch lauschten  Kulturbeobachter mit gemischten Gefühlen. Ist doch auch nach mehrmonatigen Spekulationen und Diskussionen über eine angedrohte Kündigung der bewährten Opernehe zwischen Düsseldorf und Duisburg immer noch nicht klar, wie es weitergehen wird.
 
Aufatmen - vorerst - dagegen im Schloßtheater Moers. Dort sah noch in der Sommerpause so aus, als ob Deutschlands kleinstes Stadttheater eingespart werden könnte. Schon in den letzten drei Jahren mußte der amtierende Intendant Ulrich Greb mit jährlich 50.000 Euro weniger aus der Stadtkasse Theater machen. Nun scheint die Schließung vorerst mal wieder vom Tisch. In der jüngsten Streichliste der Moerser Verwaltung taucht das engagierte Theater nicht mehr auf. Allerdings will die Stadt die kommunalen Zuschüsse weiter kürzen, dafür sollen die Eintrittspreise erneut erhöhen.
 
Das Theater der Stadt Oberhausen, der mit rund 8.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung am höchsten verschuldeten Kommune in Deutschland, spielt derweil noch mit der desolaten Finanzsituation. Die aktuelle Spielzeit läuft unter dem Motto "Krise! Welche Krise?". Theaterfreunde warten mit Spannung auf die Premiere der turbulenten Komödie "Bezahlt wird nicht!" des italienischen Nobelpreisträgers Dario Fo im nächsten  März. Den Klassiker aus den 1970er Jahre wird nach Angaben von Intendant Peter Carp auch noch der deutsch-griechische Regisseur Sarantos Zervoulakos in Szene setzen, den das Stück - so Carp - "absolut an die Realität seiner griechischen Verwandten" erinnert.
Für den Intendanten, dessen Haus in den letzten Jahren trotz aller Einsparungen große Erfolge feierte, steht ohnehin fest, daß "die Kunst des Theaters seit Jahrtausenden jede Krise überlebt" hat. Und die Geschichte seines Hauses scheint das zu beweisen. 1973 schon wurde die Schauspielsparte in Oberhausen aus Spargründen gestrichen. 1991 machte man auch das Musiktheater dicht. Und dann - vor 20 Jahren - eröffnete 1992 die Schauspielsparte wieder. Bei 1,83 Milliarden Euro städtischer Schulden will aber kein Theaterfan eine Wette eingehen, wie lange sich der Vorhang dort noch weiter heben wird. Ab 2015 muss Carp im Jahr mit fünf, statt wie bislang sieben Millionen Euro Zuschuß von der Stadt Theater machen.
 
Ein gutes Stück weiter nördlich, in Münster ist der neue Generalintendant Ulrich Peters für ein Fünf-Sparten-Haus angetreten. Vor wenigen Wochen forderte die Stadt Knall auf Fall Einsparungen in seinem Haus in Höhe von 1,9 Millionen Euro. Peters zeigte sich "düpiert". In der laufenden Spielzeit bleibt erstmal alles beim Alten, im Dezember will der Rat entscheiden. Wie es heißt, könnten 577.000 Euro jährlich gekappt werden. Ob das sogar zur kompletten Streichung der Tanz- oder Schauspielsparte führt, ist derzeit noch unklar. Möglich auch, daß - wie in Wuppertal - beim Ensemble eingespart wird. Dort wird es bald nicht mehr 14, sondern nur noch zehn feste Mitglieder im Schauspiel-Team geben.
 
In Köln, wo seit der neuen Spielzeit sowohl Opern-, als auch Schauspielhaus für vier Millionen Euro saniert und in Übergangs-Spielstätten Theater gemacht wird, hat es einen monatelangen deutschlandweit beachteten Krach um die Finanzierung der Oper gegeben. In deren Verlauf warf Opernintendant Uwe Eric Laufenberg das Handtuch. Noch-Schauspielintendantin Karin Beier wechselt in der nächsten Spielzeit nach Hamburg und hat in der Domstadt ihren ambitionierten Spielplan aufgrund von Mittelkürzungen für die laufende Spielzeit in Höhe von rund 400.000 Euro deutlich kürzen müssen.
 
Auch in der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf, wo sich Stadt und Land die Kosten für das traditionsreiche Haus am Gustaf-Gründgens-Platz teilen, muß der Gürtel demnächst ein bißchen enger geschnallt werden, 350.000 Euro weniger gibt es seit der laufenden Spielzeit. Allerdings klagt Generalintendant Staffan Valdemar Holm auf hohem Niveau. Er will künftig noch mehr auf internationale Co-Produktionen setzen. Bei denen können schließlich auch andere Fördertöpfe angezapft werden. Auch in Düsseldorf ist absehbar, dass die Zahl der Inszenierungen auf Dauer nicht auf dem Jetzt-Stand gehalten werden kann. 
 
Der Oberhausener Intendant Peter Carp sieht eine Überlebenschance für die Häuser in einer deutlich stärkeren Kooperation der Bühnen. Im Theaterspielplan für den Monat Dezember erklärt Carp: "Die Bereitschaft wächst, mehr zu kooperieren, weil viele Städte im Ruhrgebiet in ähnlichen Situationen sind. Wir wollen noch in diesem Jahr eine Theater-Konferenz machen, um die Karten auf den Tisch zu legen. Wir sollten uns nichts vormachen. In den nächsten zehn Jahren wird es nicht mehr Geld für Kultur im Ruhrgebiet geben, sondern eher immer weniger."