Es ist Fünf vor Zwölf

BBC Earth - "Die Eisbären"

von Sabine Kaufmann

© Edel Germany
Die letzten Eisbären?

S
ie gehören zu den größten Bären und damit den mächtigsten Landraubtieren der Erde, doch ihre Tage scheinen durch die globalen Entwicklungen, vor allem durch den vom Menschen verursachten rasanten Klimawandel gezählt: Eisbären. Mit geradezu beängstigendem Tempo verschwindet ihr Lebensraum, die polare Schnee- und Eislandschaft – und mit ihm ihre bevorzugte Nahrung, die Robben.
 
Der Naturfilmer John Downer hat für den Fernsehsender BBC mit seinen Kameraleuten Michael W. Richards, Philip Dalton und Geoffrey Bell sowie der Hilfe einer kleinen Armee von ferngesteuerten Spezialkameras u.a. den Jahreslauf zweier Eisbärinnen und ihrer Jungen und verschiedener Eisbär-Männchen verfolgt. Es wurden Bilder aus einer Nähe und in einer Kontinuität aufgenommen, wie sie bisher nicht möglich war. In der Folge ergab sich eine völlig neue Sicht auf die Lebensweise und Anpassungsfähigkeit dieser gewaltigen Tiere und ihre stetig wachsenden Probleme bei der Nahrungssuche, auf ihre höchst raffinierten Jagdtechniken und ihre Sozialisation. Downer widerlegt die bisher gültige Theorie vom männlichen Einzelgänger, indem er friedlich miteinander umgehende „Männergruppen“ zeigt, läßt aber auch an Revierkämpfen teilnehmen und zeigt das Paarungsverhalten und die kurze Liebe zwischen den Geschlechtern. Vor allem aber wird immer wieder auf die so bisher nicht dokumentierte Intelligenz und Neugier der Eisbären hingewiesen, letztere durch einzigartige Bilder der neuen Spion-Kameras, die sich als Eisberge, Schneehaufen oder Eiskugeln getarnt den Tieren auf nächste Distanz nähern konnten.
Seit Eisbär-Baby Knut sorgen die reizenden Kleinen für entzückte Jubelrufe, so sicher auch in diesem zweiteiligen Film, der in berührenden und drolligen Sequenzen an Geburt, Spiel und Aufwachsen einer neuen, zunächst tapsigen, dann schnell heranwachsenden Generation teilnehmen läßt. Aus den wollig-knuddeligen Bärchen werden in wenigen Jahren die gefährlichsten Jäger der Polarregion – doch der Mensch schafft es mit der stetigen und unbelehrbar konsequenten Erwärmung der Erdatmosphäre, die Bestien zu gelegentlich fast hilflos anmutenden Vagabunden zu machen. Das Eis wird dramatisch dünner, im Sommer kaum noch tragfähig für die schweren Tiere, die Entfernungen zwischen den Eisfeldern so groß, daß sie nahezu unüberwindbar zu werden drohen. Walkadaver, Moosreste und anderen Bären gestohlene Vorräte müssen immer häufiger die frische und dringend notwendige nährstoffreiche Ernährung durch frisches Robbenfleisch ersetzen.
Der Film „Die Eisbären – Aug in Aug mit den Eisbären“ läßt diese Umstände nicht unerwähnt, mehr noch weist er drängend darauf hin, daß wir dabei sind, nicht nur unsere Welt, sondern auch die der in ihr lebenden Arten zu zerstören. Hier sehe ich – nicht in den putzigen Bärchen – die eigentliche Botschaft und den großen Verdienst der auch gelegentlich ein wenig aufdringlich mit ihren Ergebnissen renommierenden Produktion. Vielleicht können solche Bilder schon bald nicht wieder aufgenommen werden. Die Lage ist dramatisch. Solche und ähnliche Filmproduktionen gehören dringend in den Schulunterricht.
 
 
"Die Eisbären – Aug in Aug mit den Eisbären“
Ein Film von John Downer für BBC Earth
© 2010 John Downer Productions / 2012 Edel Germany GmbH
Laufzeit: 91 Minuten – + Director´s Cut: 102 Minuten
 
Weitere Informationen: www.edel.com