„Nobody missed the strings“

NRW Brass mit Händel, Barber und Mussorgski

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
„Nobody missed
the strings“
 
Beim Osterkonzert in Hilgen
überzeugten die brillanten
Blechbläser der NRW Brass
 
Wermelskirchen-Hilgen. Der Saal des Stephanus-Gemeindezentrums der Evangelischen Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus war am Ostermontag bis auf den letzten Platz besetzt, als die NRW Brass unter Leitung von Ulrich Haas in großer Besetzung mit einer erlesenen Auswahl klassischer und moderner Stücke antraten. Georg Friedrich Händel, Samuel Barber und Modest Mussorgski standen auf dem Programm. Festlich machte Händels barocke „Feuerwerksmusik“ den in jeder Hinsicht glänzenden Auftakt. Trotz dreier Trompeten, dreier Posaunen, fünf Hörnern, F-Tuba, Euphonium, Flügelhorn und Kesselpauken war das nicht zu pompös, wenn auch ein wenig zu mächtig für den kleinen Andachtsraum der Kirchengemeinde. Sicher ein Grund dafür, daß man nach der Pause zum zweiten Teil des Konzerts die Tür zum Gang offen stehen ließ.
 
„Nobody missed the brass“ wird Coleman Hawkins anläßlich der Aufnahmen zur LP „Saxes Inc.“ zitiert – am Montag konnte man das Zitat umkehren: niemand vermißte Streicher oder Holzbläser, denn der ganze barocke Glanz, den Händel in seine royale Komposition gepackt hat, spiegelte sich in der Interpretation der NRW Brass wie das Licht des Saales im polierten Messing der Instrumente. Samuel Barber, gewohnt kurz, knapp und prägnant setzte mit seiner 5-minütigen Bearbeitung von J.S. Bachs „Christe, du Lamm Gottes“ gemessen den österlichen Akzent. In etwas kleinerer Besetzung gelang auch hier dem jungen Ensemble, das sich aus ehemaligen Mitgliedern des Landes-Jugend-Orchesters rekrutiert, eine überzeugende Vorstellung.
 
Modest Mussorgskis großer Komposition „Bilder einer Ausstellung“ und ihren 15 kurzen Sätzen gehörte der, wörtlich zu nehmen, wuchtige zweite Teil des Abends. Für die Aufführung bot das Orchester eine Besetzung mit sechs Trompeten, drei Posaunen, fünf Hörnern, Euphonium, F-Tuba, B-Tuba, Bass-Pauke, Kesselpauken und Xylophonen auf, die den räumlichen Rahmen mit seiner Klanggewalt akustisch sprengte. Da fühlte man sich schon gelegentlich wie ein Einwohner Jerichos. Beeindruckend waren die „Bilder einer Ausstellung“ aber vor allem durch die phantastische Illustration, welche die Blechbläser ihr zu geben im Stande waren. Die ein- und in zarten, gewaltigen, festlichen, düsteren Variationen überleitende „Promenade“, die wohl zu den bekanntesten „unbekannten“ Stücken der Musikgeschichte gehört, ist gewiss in aller Ohren. Ein spannendes Wiederhören gab es mit u.a. dem gruseligen „Gnom“, den dunklen Farben des „Schlosses“, den hellen „Tulerien“, dem schweren Ochsenkarren „Bydlo“, dem vergnügten Ballett der Küchlein, dem lebhaften „Marktplatz“, den düsteren „Katakomben“ und den Knochengeklapper der der „Toten“. Trotz Tinnitus-Risiko ein rares, hervorragendes Konzert.
 

Foto © Frank Becker